TTIP 2.0

TTIP durch die Hintertür – TTIP 2.0 in Verhandlung

TTIP ist noch nicht tot. Denn im April 2019 haben die EU-Regierungen (inkl. Österreich) mehrheitlich neue Handelsgespräche mit den USA beschlossen. Unter dem Vorwand, US-"Strafzölle" für europäische Autos und Flugzeuge abwenden zu wollen, wurden zwei Mandate für Verhandlungen abgesegnet – eines zur Abschaffung der Zölle auf Industriegüter und eines für mehr regulatorische Zusammenarbeit. Auch wennn derzeit Sonderklagerechte für Konzerne offiziell nicht verhandelt werden, bleiben die Gespräche eine Gefahr.

Wir werden daher den Widerstand gegen TTIP 2.0 fortführen!

Die Gefahren von TTIP 2.0

  • USA – Ablehnung des Pariser Klimaabkommens

Handelsgespräche mit den USA stehen in direktem Widerspruch zur Position des EU-Parlaments, das Pariser Klimaabkommen zur Bedingung für neue Handelsabkommen zu machen. Auch der Rat der EU hat die große Bedeutung des Pariser Abkommens bei Handelsabkommen in seinen Schlussfolgerungen hervorgehoben. Die USA haben das Abkommen bekanntermaßen gekündigt. Als Zugeständnis an Donald Trump hat die EU bereits vor den neuen Verhandlungen die US-Importe von klimaschädlichem Fracking-Gas verdreifacht und jene von Soja für Agrotreibstoffe verdoppelt. Mit dem Ja zu einem TTIP 2.0 zeigen die Regierungen, dass der Einsatz gegen die Klimakrise für sie keine Priorität hat. Stattdessen dominieren die Export-Interessen der klimaschädlichsten Branchen – nämlich der europäischen Automobil- und Flugzeugindustrie.

  • Standards in Gefahr

Bei den Verhandlungen über Zölle will die EU zwar die Landwirtschaft ausnehmen. Gleichzeitig haben die USA klargemacht, dass es ohne Landwirtschaft für sie kein Abkommen geben wird. Beim Mandat für mehr regulatorische Zusammenarbeit gibt es hingegen von vornherein keine Ausnahme für wichtige Bereiche wie Gentechnik, Chemikalien, Pestizide und vor allem Landwirtschaft. Wir können also sicher sein, dass Lebensmittel und Landwirtschaft direkt davon betroffen sein werden. Selbst wenn die USA ihre Lebensmittelsicherheitsstandards nicht exportieren und die EU die ihren beibehält, werden die Verhandlungen zu einem schwächeren Schutz der Lebensmittelsicherheit führen.

  • Intransparenz

Die Verhandlungen sind trotz großer öffentlicher Proteste immer noch genauso intransparent wie bei den Verhandlungen zu TTIP 1.0. Die vorliegenden Mandate wurden zwar veröffentlicht, jedoch bleiben die Beratungen im Rat geheim.

  • Fehlende Wirkungsstudien

Wirkungsstudien hat die EU-Kommission für das geplante Zoll- und Konformitätsbewertungsabkommen nicht vorgelegt, sodass insbesondere die möglichen Auswirkungen des Konformitätsbewertungsabkommens kaum einschätzbar sind.

  • Kein Fokus auf ArbeiterInnenschutz

Für die Abkommen sind keine Bestimmungen über Arbeitsstandards vorgesehen. Die USA haben nur 2 der 8 ILO-Mindestarbeitsnormen ratifiziert. Darunter sind auch Konventionen, die elementare ArbeitnehmerInnenrechte sichern, wie etwa die Bildung von Gewerkschaften.

Unsere Forderungen

  • Einrichtung eines offenen, kontinuierlichen Konsultationsprozesses vor und während der Verhandlungen

EU-Kommission und Mitgliedstaaten müssen vor der Entscheidung über ein Verhandlungsmandat einen offenen und transparenten Konsultationsprozess organisieren. Dieser Prozess muss die Parlamente in Europa, die Zivilgesellschaft und die interessierte Öffentlichkeit in die Mandatserstellung – von den Mandatsentwürfen bis hin zu geplanten Verhandlungsinhalten – einbinden. Dazu ist eine unabhängige Folgenabschätzung u. a. zu ökonomischen, sozialen und verteilungspolitischen, ökologischen und demokratische Fragen durchzuführen. Dies ist jedoch unterblieben. Dagegen behauptet die EU-Kommission, es gäbe keinerlei negative Folgen in dieser Hinsicht.

  • Mandate müssen von Rat und EU-Parlament beschlossen werden

Die Mandate für Handelsabkommen sollten nicht nur vom Rat, sondern auch vom EU-Parlament diskutiert und beschlossen werden. Darüber hinaus müssen die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichtet sein, die Mandate mit den nationalen Parlamenten zu diskutieren und deren Zustimmung einzuholen. Bisher gab es im österreichischen Parlament keine Diskussion über den vorliegenden Mandatsentwurf. Die Position des EU-Parlaments – eine Resolution ist in Arbeit – muss ebenfalls berücksichtigt werden.

  • Öffentlichkeit und Transparenz müssen gewährleistet werden

Das EU-Parlament, die Parlamente der Mitgliedstaaten und die Öffentlichkeit müssen auf alle Verhandlungsdokumente in vollem Umfang Zugriff haben. Das gilt auch für Mandatsentwürfe, Verhandlungsvorschläge und konsolidierte Texte. Die vorliegenden Mandate wurden zwar veröffentlicht, jedoch bleiben die Beratungen im Rat geheim. Die Unkultur der Geheimhaltung muss endlich beendet werden.

  • Widerruf des alten TTIP Mandats

Sollte es tatsächlich die Absicht der Kommission und der Mitgliedstaaten sein, die alten Ziele im Hinblick auf ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen aufzugeben, so muss das Mandates aus dem Jahr 2013 widerrufen werden. Ein etwaiger Hinweis, dass die Erfüllung des TTIP-Mandats gegenwärtig nicht möglich ist, ist keine Annullierung und die Verhandlungsermächtigung für ein umfassendes Abkommen bleibt aufrecht bestehen.

  • ArbeitnehmerInnen-, Menschenrechte und Umwelt müssen Vorrang in Handelsabkommen haben

Bei Handelsabkommen müssen ArbeitnehmerInnen- und Menschenrechte sowie Umwelt Vorrang vor Profitinteressen haben. Dazu müssen die einschlägigen internationalen Übereinkommen im Bereich Arbeit (ILO-Kernarbeitsnormen) und des Klima- und Umweltschutzes ratifiziert, umgesetzt und angewendet werden. Auch das Vorsorgeprinzip darf nicht in Frage gestellt werden. Verstöße gegen diese Bestimmungen muss Sanktionen in der Form von Strafzöllen oder Importverboten haben. Da im Falle die USA das Klimaschutzabkommen von Paris aufgekündigt und nicht alle ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert haben, darf keinesfalls ein Handelsmandat verabschiedet werden.

  • Keinerlei Einschränkungen des politischen und regulativen Handlungsspielraumes

Abkommen der sogenannten neuen Generation schränken durch Bestimmungen zur regulatorischen Kooperation, zu Investitionsschutz und Investitionsschiedssystemen sowie durch unzureichende Ausnahmen im Hinblick auf wichtige Leistungen der Daseinsvorsorge den politischen und regulativen Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten massiv ein. Wichtige Regulierungen und Verbote zum Umwelt- und Gesundheitsschutz im Zusammenhang zum Beispiel mit dem Einsatz vonGentechnik oder Chemikalien und Pestiziden sehen wir bedroht. In fairen Handelsabkommen haben insbesondere auch Bestimmungen für eine regulatorische Kooperation – egal welcher Art – nichts verloren. Das betrifft auch die Verhandlungsrichtlinien zu den Konformitätsbewertungen, die sehr weit gefasst sind. Problematisch ist dabei das Ansinnen, dass private US-Organisationen Konformitätsbescheinigungen für US-Exportprodukte hinsichtlich der Erfüllung der EU-Standards machen sollen können. Dadurch und auch mangels einer Eingrenzung des Verhandlungsumfangs könnten wichtige europäische Standards zum Schutz der Gesundheit und Umwelt gefährdet werden.

Weiterführendes

Risky Business in TTIP 2.0
Studie von Lobbycontrol, Juni 2020

Die „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP) ist ein Handelsabkommen, das von der EU-Kommission im Auftrag der Mitgliedsländer seit 2013 mit den USA verhandelt wurde.

Noch vor der Wahl von Donald Trump zum US Präsidenten, haben mehrere EU-Regierungschefs einem Abschluss von TTIP eine Absage erteilt. Die Verhandlungen gelten seit November 2016 als ausgesetzt. Das war ein großer Erfolg des breiten Widerstands in Österreich und EU-weit.