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ParadisePapers: Regierungen sind Konstrukteure und Komplizen des Systems

Attac: Prominente Fälle dürfen nicht vom grundsätzlichen Problem ablenken

Für Attac Österreich darf die Skandalisierung prominenter Fälle der ParadisePapers nicht vom grundsätzlichen Problem ablenken: Die Regierungen der großen Industrieländer sind die Konstrukteure und Komplizen des weltweiten Offshore-Systems. „Seit vielen Jahren ist bekannt, welch unglaubliche Summen an privatem Finanzvermögen offshore gehalten werden. Dennoch gibt es nach wie vor kaum politische Beschlüsse oder effektive Sanktionen, die dieses System beenden würden“, kritisiert David Walch von Attac Österreich. Dies sei auch kein Wunder: Einige der intransparentesten Finanzplätze sind OECD-Staaten oder von ihnen abhängige Gebiete (1). Zudem ist der „freie Kapitalverkehr“ auch mit Nicht-EU-Staaten ein Grundpfeiler der EU - ohne dass daran Bedingungen wie Steuerkooperation oder Transparenz geknüpft wären. Genau das ermöglicht Steuerbetrug und Steuervermeidung erst.

Seit Jahren werden drei entscheidende Maßnahmen auf internationaler Ebene von den Regierungen blockiert oder verwässert. Diese sind:

- Öffentlich zugängliche Register über die wahren wirtschaftlichen Eigentümer und Begünstigten hinter Briefkastenfirmen, Trusts und Stiftungen. Analog zum Grundbuch müssen in einer globalisierten Welt Finanzregister eingerichtet werden – um zu klären, wem was gehört und welche Steuerpflicht dadurch entsteht. Das EU-Parlament fordert solche Register, doch viele EU-Regierungen – darunter auch Österreich – wollen nur einen eingeschränkten öffentlichen Zugang.

- Ein effektiver und weltweiter Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden. Dieser wurde zwar grundsätzlich auf multilateraler Ebene ab 2017/18 vereinbart. Doch die Staaten dürfen sich dabei aussuchen, ob und mit wem sie Daten austauschen - ohne dass sie politischen Druck oder wirtschaftliche Sanktionen zu befürchten haben. Zudem existieren zahlreiche große Schlupflöcher im System. (2)

- Öffentliche länderweise Finanzberichte von multinationalen Konzernen über ihre weltweiten Aktivitäten. Damit würde endlich transparent werden, wo Konzerne ihre Gewinne verbuchen und wieviel Steuern sie darauf entrichten. Auch hier wehren sich zahlreiche Regierungen wie Österreich oder Deutschland gegen entsprechende Vorschläge des EU-Parlaments.

„Den Staaten fehlen jährlich hunderte Milliarden Dollar durch Steuerbetrug und Steuervermeidung. Die Regierungen versprechen zwar seit der Finanzkrise 2008 Maßnahmen dagegen zu setzen, doch das Offshore-System ist lebendig wie eh und je. Anstatt dieses System im Interesse von Reichen und Konzernen zu beenden, kürzen sie unter anderem bei Bildung, Sozialem oder Gesundheit. Whistleblower, geleakte Geheimdokumente, NGOs und JournalistInnen werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen, um den öffentlichen Druck auf die Regierungen zu erhöhen“, erklärt Walch.
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(1) Dementsprechend findet sich auf einer OECD-Liste "unkooperativer Staaten" nur Trinidad und Tobago. Eine geplante EU-Liste wird ähnlich kurz sein und keine EU-Staaten (wie Luxemburg, Niederlande, Irland, Malta, UK) enthalten.

(2) Das Tax Justice Network listet 35 Schlupflöcher auf:  Steuerbetrüger und Kriminelle können sehr einfach Konten in nicht-teilnehmenden Staaten eröffnen. Einige intransparente Konstruktionen sind zudem gänzlich vom Austausch ausgenommen. Der Grenzwert, ab dem Finanzinstitute Informationen übermitteln müssen, ist mit 250.000 Dollar sehr hoch und lässt sich leicht umgehen. Und ausgerechnet den ärmsten Ländern wird die Teilnahme am Austausch erschwert. Sie haben oft nicht die Kapazitäten selbst automatisch Daten liefern zu können und dürfen daher auch keine erhalten.