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06.06.2018 |

Studie: Pflanzliche Produkte belasten die Umwelt am geringsten

Kuh
Fleisch und Milch: oft mit großen Unterschieden in der Ökobilanz (Foto: CC0)

Weniger Fleisch und Milchprodukte zu essen ist der effektivste Weg, um die negativen Auswirkungen der Lebensmittelproduktion auf die Umwelt zu verringern, belegt eine neue Studie, die am 1. Juni im Fachmagazin Science erschien. Denn tierische Erzeugnisse decken nur 18% der Kalorien- und 37% der Eiweißversorgung, während ihre Produktion 83% der landwirtschaftlich genutzten Flächen belegt und 60% der Treibhausgase erzeugt. Doch Steak ist nicht gleich Steak und Tomate nicht gleich Tomate, denn der Umweltfußabdruck ein und desselben Lebensmittels kann sich extrem unterscheiden je nach Produktionsbedingungen, Herstellungsort und Verpackungsart. Für ihre umfassende Ökobilanz untersuchten Joseph Poore von der Universität Oxford und Thomas Nemecek vom Schweizer Forschungsinstitut Agroscope in einer Meta-Analyse die Umweltauswirkungen von 40 Lebensmitteln in puncto Treibhausgasemissionen, Flächennutzung, Süßwasserverbrauch, Überdüngung von Gewässern und Luftverschmutzung (Versauerung). Dabei verglichen sie verschiedene Produktionssysteme: Die Datensammlung umfasst 38.700 Betriebe und 1.600 Verarbeiter, Verpackungstypen und Handelsunternehmen aus aller Welt.

Die Auswertung zeigt klar, dass sich Rindfleisch, Milch oder Bier jeweils nicht über einen Kamm scheren lassen: „Die Auswirkungen desselben Produktes können je nach Produzent das Fünfzigfache betragen, was erhebliche Einsparungsmöglichkeiten schafft“, heißt es im Abstract der Studie. So etwa beim Bier: Allein der Anbau der Gerste für ein großes Glas kann drei Mal so viel CO2 verursachen und die vierfache Landfläche belegen im Vergleich zu einem anderen Bier. Noch größer wird Unterschied, wenn Verpackung und Entsorgung einfließen. Während Bier aus wieder befüllbaren Fässern mit etwa 20 Gramm Kohlendioxid pro Liter zu Buche schlägt, kommt ein Liter Bier aus Pfandflaschen auf 750 Gramm Kohlendioxid pro Flasche. Wird diese nicht recycelt, erhöht sich die CO2-Bilanz auf 2,5 Kilo, zitiert der ORF. Auch bei Rindfleisch gibt es gewaltige Unterschiede: Die umweltschädlichste Variante kommt auf 105 Kilo CO2-Äquivalente und verschlingt 370m² Land pro 100 Gramm Eiweiß und verursacht damit 12 Mal so viele Emissionen und benötigt 50 Mal so viel Land wie Rindfleisch aus der bestmöglichsten Produktionsweise, nämlich von auf Weiden grasenden Milchkuhherden. „Zwei Dinge, die im Geschäft gleich aussehen, können extrem unterschiedliche Auswirkungen auf den Planeten haben“, sagt Hauptautor Joseph Poore. „Aktuell wissen wir das nicht, wenn wir auswählen, was wir essen. Außerdem spiegelt sich dieser Unterschied nicht in Strategien und Politiken wider, die darauf abzielen, die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu verringern.“

Eine Sache lässt sich jedoch leicht auf den Punkt bringen: Pflanzliche Produkte sind besser für die Umwelt, denn selbst die mit den geringsten Umweltfolgen produzierten tierischen Produkte belasteten den Planeten meist mehr als pflanzliche Ersatzprodukte. So sind etwa die CO2-Emissionen von Rindfleisch aus Weidehaltung des im obersten Zehntel liegenden Top-Produzenten mit 9,1kg CO2eq pro 100 Gramm Eiweiß rund 36 Mal höher als vergleichbare Erbsenproduzenten mit 0,25 kg CO2eq. Und selbst im Vergleich zu 100 Gramm Erbsen mit der miesesten Umweltbilanz verursachte dieses Rindfleisch die Elffache Menge an Emissionen. Zudem belegte das am umweltfreundlichsten produzierte Rindfleisch mit 7,3m² sechs Mal mehr Land als vergleichbar produzierte Erbsen mit 1,2m². Möglichst umweltschonend hergestellte Kuhmilch (oberstes Zehntel) benötigte immer noch fast die doppelte Landfläche und die doppelte Treibhausgasmenge im Vergleich zur Durchschnitts-Sojamilch.

„Die Umstellung der gegenwärtigen Ernährung auf eine auf tierische Produkte verzichtende Ernährung hat ein riesiges Transformationspotenzial und könnte die Flächennutzung der Lebensmittelproduktion um 3,1 Milliarden Hektar (um 76%) reduzieren, einschließlich einer Einsparung von 19% Ackerfläche“, schreiben die Autoren. „Das würde den Druck auf die Regenwälder der Erde reduzieren und Land wieder für die Natur freigeben“, so Poore. Eine pflanzliche Ernährung würde aber auch die Emissionen um 6,6 Milliarden Tonnen CO2eq senken (eine Reduzierung um 49%), die Versauerung um 50%, die Eutrophierung um 49% und die Süßwasserentnahme um 19%.“ Doch nicht alle Menschen müssten gleich Veganer werden: „Ein für die Umwelt sehr vorteilhafter Kompromiss wäre daher, dass man weltweit auf die Hälfte des derzeitigen Konsums tierischer Produkte verzichtet und dafür die besonders umweltschädlichen Produktionsverfahren für Fleisch, Fisch und Milchprodukte einstellt“, sagt Nemecek der NZZ. Alleine dadurch würden sich 73% der CO2-Einsparungen erzielen lassen, die eine Umstellung auf eine weltweit vegane Ernährung einbrächten.

Doch von selbst geschieht solch ein Wandel nicht. „Wir müssen Wege finden, um die Bedingungen zu verändern, damit es sich für Produzenten und Konsumenten auszahlt, umweltfreundlich zu handeln. „Umweltsiegel und finanzielle Anreize würden einen nachhaltigeren Konsum unterstützen und so eine positive Signalwirkung haben: Landwirte müssten ihre Umweltauswirkungen überwachen und würden so bessere Entscheidungen treffen“, betont Poore. Zudem könnten besonders umweltschädlich produzierte Produkte durch Abgaben belastet und umweltfreundlich hergestellte Lebensmittel entlastet werden, um Konsumenten die Entscheidung im Supermarkt zu erleichtern. (ab)

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