Von Naira Estevez

Und wie genderst du?“, frage ich eine Freundin. „Ich nehme am liebsten das Sternchen – das finde ich am schönsten“, antwortet sie mit einem Glitzern in den Augen. Im Sprachgebrauch Gewohnheiten zu ändern, damit es fairer zugeht und weniger Menschen ausgeschlossen werden, das erschloss sich auch mir im Gespräch mit meiner Freundin sofort. Ob es dann das Binnen-I, der Gendergap oder das Gendersternchen sein soll, waren Fragen, die ich mir erst viel später stellte. Deshalb, klar: mit Sternchen gendern, weil es so am schönsten ist.

Trotz unterschiedlichem Look ist allen drei Schreibweisen gemein, dass sie Versuche sind, vom generischen Maskulinum wegzukommen. Also jener Schreibweise, in der ausschließlich die männliche Form verwendet wird, um über alle Personen oder Personengruppen zu schreiben. Da geht es etwa um den Arzt oder die Studenten, ganz egal, ob es sich gerade wirklich ausschließlich um eine Gruppe von Männern handelt oder nicht.

Schon Mitte des letzten Jahrhunderts forderten Feministinnen, dass in der Sprache die weibliche Form abgebildet wird, und lieferten verschiedene Vorschläge. Es wurden unterschiedliche Varianten erwogen, beispielsweise durch Doppelschreibung wie „Liebe Leserinnen, liebe Leser“ oder mithilfe von Klammern, wie etwa „die Aktivist(inn)en“. Heute oft noch zu lesen ist das sogenannte Binnen-I (der/die AstronautIn). Für dieses setzten sich besonders die feministischen Linguistinnen Luise F. Pusch und Senta Trömel-Plötz ab Anfang der 1980er-Jahre ein.

Als sich die Queer Theory etablierte, wurde auch von der feministischen Sprache mehr gefordert. So stellte Steffen Kitty Herrmann 2003 in einem Aufsatz den Unterstrich als Mittel der Wahl vor (die_der Demonstrant_in). Die Lücke, die durch den Unterstrich am Ende eines Worts entsteht, sollte Platz schaffen, für alle, deren Geschlechtsidentität über das binäre Konstrukt von Mann und Frau hinausgeht. An sich ein ziemlich guter Einfall, allerdings wurde Kritik laut, dass der Unterstrich optisch eher wie eine Leerstelle wirkt und das Gemeinte unsichtbar macht. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Unterstrich zwar einen Raum eröffnet, der jedoch von der weiblichen und männlichen Wort­endung eingerahmt wird. Als gäbe es ein Spektrum verschiedener Geschlechtsidentitäten, das sich nur zwischen den Polen Mann und Frau abspielt und von diesen begrenzt wird. Das Sternchen hingegen ist optisch vielfältiger, weil es in diverse Richtungen weist und den Platz, an dem es steht, gewissermaßen entgrenzt.

Genau hier hat das Gendersternchen also seinen Glanzmoment: Es füllt den Raum aus – und zwar mit unendlichen Möglichkeiten, etwa für uns Journalist*innen. Das ergibt sich aus dessen Bezug zur Informatik, wo das Sternchen als Platzhalter für jedes und beliebig viele Zeichen benutzt wird. So schafft das Gendersternchen eine Ansprache, in der cis und trans Männer und Frauen gleichermaßen gemeint sein können wie Personen, die sich jenseits der Geschlechterbinarität identifizieren.

Obwohl das Sternchen offiziell beim Rat für deutsche Rechtschreibung und in der Redaktion des Duden noch nicht so richtig angekommen ist, nutzen nicht nur wir bei Missy diese Schreibweise gerne und so konsequent wie möglich.

Am Ende des Worts benutzen wir bei Missy hingegen im Singular bewusst kein Sternchen, auch wenn die angesprochene Person trans ist. Denn eine trans Frau ist eine Frau – und keine Frau*.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 06/18.