Wir können nicht atmen, bis wir frei sind!

02.06.2020

Categories: Apartheid und Siedlungskolonialismus, BDS-Argumente

Palästinenser*innen stehen in Solidarität mit den Schwarzen in den USA

Der nationale palästinensische BDS-Ausschuss (BNC), die grösste Koalition der palästinensischen Zivilgesellschaft, die die weltweite BDS-Bewegung für die Rechte der Palästinenser*innen anführt, steht entschlossen in Solidarität mit unseren schwarzen Brüdern und Schwestern in den USA, die nach der jüngsten Welle unerträglicher Polizistenmorde an Schwarzen – darunter George Floyd in Minneapolis, Tony McDade in Tallahassee und Breonna Taylor in Louisville – Gerechtigkeit fordern

Die wachsenden Proteste der «Ungehörten» gegen die Polizeibrutalität in den USA sind im Grunde ein Aufstand gegen ein ganzes System rassistischer Ausbeutung und Unterdrückung, das durch die Covid-19-Pandemie, der Afroamerikaner*innen unverhältnismässig häufig zum Opfer fallen, weiter verschärft aber auch blossgestellt wird. Dieses System ist inherent mit den Verbrechen verbunden, die der US-Imperialismus weltweit gegen farbige Völker verübt hat, und wurzelt in der gewalttätigen, rassistischen und kolonialen Grundlage der USA.

Der Genozid an den amerikanischen Ureinwohner*innen, die Plünderung ihres Reichtums und ihrer Ressourcen und die grausame Versklavung von Millionen Afrikaner*innen sind die grundlegenden Pfeiler, auf denen die USA entstanden ist. Die tief verwurzelte weisse Rassenideologie, die dieses Verbrechen angeführt hat und mit der versucht wurde, zu beschönigen, ist immer noch lebendig, wenn auch in anderer Form. Diese Ausschlussideologie wird sowohl durch das offen rassistische Weisse Haus unter Trump als auch durch das hinterhälterische, weniger kaltblütige liberale Establishment gefördert. Die liberale Seite verurteilt den Rassismus zwar rhetorisch und spuckt sogar einige leere Versprechungen aus, versäumt es jedoch konsequent, auf Wiedergutmachung, ethnische und wirtschaftliche Gerechtigkeit und die Beendigung des schrecklichen Systems der Kriminalisierung und der Masseninhaftierung von schwarzen Amerikaner*innen hinzuwirken.

Wie Martin Luther King jr. gesagt hat, ist der «grosse Stolperstein» auf dem Weg der schwarzen Amerikaner*innen zur Freiheit nicht der KKK, «sondern der gemässigte Weisse, der Idee der Ordnung grössere Verehrung entgegenbringt als der Gerechtigkeit; der einen negativen Frieden, in dem es keine Spannungen gibt, einem positiven Frieden, in dem Gerechtigkeit herrscht, vorzieht».

Wir rufen die Palästina-Solidaritätsbewegung in den USA und anderswo dazu auf, sich der Bewegung für Black Lives und anderen von Schwarzen geführten Organisationen in ihrem aufrichtigen Kampf um Gerechtigkeit und für einen abolitionistischen Ansatz bei Polizeireform, Wiedergutmachung und Befreiung anzuschliessen. Wir unterstützen Aufrufe zu gezielten und strategischen Boykott-, Definanzierungs– und Desinvestitionskampagnen gegen Institutionen, Banken und Unternehmen, die in das System der ethnischen Ungerechtigkeit verwickelt sind.

Als indigene Bevölkerung Palästinas haben wir Erfahrungen aus erster Hand mit Siedlungskolonialismus, Apartheid und rassistischer Gewalt, die vom israelischen Unterdrückungsregime – mit militärischer Finanzhilfe und bedingungsloser Unterstützung durch die US-Regierung – ausgeübt wird, um uns zu enteignen, zu vertreiben und als niedrigere Menschen herabzusetzen. Unsere wichtigster Triumph als Volk, das sich der kolonialen Unterdrückung – auch durch Boykottkampagnen – widersetzt, ist unsere Fähigkeit, standhaft zu bleiben und ihren unerbittlichen Versuchen zu widerstehen, unseren Geist durch Hoffnungslosigkeit und Selbsterniedrigung zu kolonisieren, damit wir uns ihrer Vorherrschaft schicksalhaft ergeben.

Schwarze Menschen in den USA, in Südafrika und vielen anderen Ländern haben Jahrhunderte der unmenschlichsten Formen der Versklavung und rassischen Unterdrückung, die es je gegeben hat, überlebt und der Menschheit als Ganzes wertvolle Lektionen in Ausdauer, Widerstand und Erfindungsreichtum erteilt.

Das System des strukturellen Rassismus wird in den USA gewaltsam von paramilitärischen Polizeiabteilungen durchgesetzt, von denen viele von Israel ausgebildet wurden, darunter die Polizei von Minnesota. Diese Polizeikräfte haben den Auftrag, alles nötige zu tun, um dieses verrottete System der weissen Vorherrschaft und der Entrechtung von Schwarzen, Latinx und Indigenen zu schützen.

Die wahllose, aussergerichtliche Ermordung schwarzer Amerikaner*innen, das skrupellose US-Gefängnissystem und die unmenschliche und rassistische Behandlung von Migrant*innen und Asylsuchenden an den südlichen Grenzen sind alles Symptome eines zunehmend militarisierten Sicherheitsstaates, der in den USA und weltweit Verwüstung und Zerstörung gegen POC-Gemeinschaften anrichtet. Solange dieses System der Unterdrückung fortbesteht, liegt es an unseren Basisbewegungen, kollektiv und intersektionell an seiner Zerschlagung zu arbeiten – von den USA bis nach Palästina.

Es ist die Pflicht aller Menschen mit Gewissen, den Kampf und die Stimmen unserer schwarzen Schwestern und Brüder zu stärken. Wir rufen unsere Gemeinschaft auf, die Zusammenhänge zwischen der ethnischen Unterdrückung der USA im eigenen Land und ihrer rassistischen imperialen Unterdrückung von POC-Menschen weltweit anzuerkennen, wie Malcolm X und andere schwarze Vordenker*innen erklärt haben. So wie die israelischen Besatzungstruppen dazu dienen, das Apartheidsystem gegen die Palästinenser*innen aufrechtzuerhalten, so dienen die US-Polizeikräfte nur dazu, das System der Vormachtstellung und Privilegien der US-amerikanischen Weißen weiter zu verfestigen.

Wir schliessen uns den Gedanken der jüngsten Erklärung des amerikanisch-arabischen Antidiskriminierungskomitees an, in der es heisst: «Jetzt ist es an der Zeit, dass wir schwarzen Amerikaner*innen und schwarzen Bürgerrechtsgruppen zuhören, wenn sie von ihren einzigartigen Erfahrungen und darüber berichten, wie wir unseren kollektiven Kampf gegen Ungerechtigkeit am besten unterstützen können. Es ist auch unsere Pflicht … uns über die Kämpfe zu informieren, denen unsere schwarzen Brüder und Schwestern gegenüberstehen, und darüber, wie wir unseren Teil zur Bekämpfung von anti-schwarzem Rassismus beitragen können».

An unsere schwarzen Brüder und Schwestern: Eure Widerstandsfähigkeit angesichts der brutalen Entmenschlichung ist uns eine Quelle der Inspiration für unseren eigenen Kampf gegen das israelische Besatzungsregime, den Siedlungskolonialismus und die Apartheid. Wir unterstützen Aufrufe wie die Initiative der Organisator*innen von Minneapolis, sich vom Militarismus und der Polizeiarbeit zu distanzieren und stattdessen in von der Gemeinde geführte Gesundheits- und Sicherheitseinrichtungen zu investieren.

In der Erkenntnis, dass Gerechtigkeit gewonnen und nicht einfach zugestanden wird, denken wir über James Baldwins Ratschlag an seinen Neffen nach: «Bitte vergiss nie, dass das, was sie tun und Dir zumuten, nicht von Deiner Minderwertigkeit zeugt, sondern von ihrer Unmenschlichkeit und Angst.»

Wir können nicht atmen, bis wir frei von Unterdrückung und Rassismus sind. #BlackLivesMatter

 

Übersetzung von Redaktion bds-kampagne.de und BDS Schweiz
We can’t breathe until we’re free! Palestinians stand in solidarity with Black Americans

 

 

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