Kohle für die Ölfirmen
Der unbekannte Energiecharta-Vertrag schützt Konzerne, die das Klima zerstören, und kostet EU-Staaten Milliarden. Soll Österreich aussteigen?
Mai 2015, aus ganz Italien strömen Demonstranten in die Abruzzen und fluten die Kleinstadt Lanciano. "Retten wir die Adria", steht auf dem Banner des Demo-Zugs. Der WWF ist da, der Italienische Alpenverein, die heimischen Touristiker, die "Öl nein, Tourismus ja" auf ihr Plakat gepinselt haben. Die Veranstalter zählen 60.000 Demonstranten. An diesem Maitag trommeln, pfeifen und marschieren sie gegen das an, was wenige Kilometer vor dem Strand gebaut wird: eine Bohrplattform im Mittelmeer, in einer von Erdbeben gebeutelten Region.
Es ist eine Machtdemonstration, die ganz Italien bewegt. Wenig später verbietet Rom Erdölförderungen in küstennahen Gebieten. Die Bewohner von Lanciano atmen auf. Aber die britische Ölfirma Rockhopper Exploration, der die Bohrplattform gehört, verliert durch das Verbot ein Millionengeschäft -und verklagt den italienischen Staat. "Idealerweise werden wir auch für die Gewinne entschädigt, die wir gemacht hätten, wenn wir das Ölfeld erschlossen hätten", sagte der Konzernchef Sam Moody 2017 auf einer Investorenkonferenz und sah dabei sehr zufrieden aus. Die italienischen Steuerzahler müssten damit nicht nur zwischen 40 und 50 Millionen US-Dollar berappen, sondern zusätzlich zwischen 200 und 300 Millionen mehr wegen Gewinnentgangs.