Amazon-Gründer Jeff Bezos
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Undichte Stelle gesucht

Leak zeigt Steuertricks von Bezos und Co.

Die investigative Plattform ProPublica hat eine Recherche veröffentlicht, die in den USA für Furore sorgt: Sie soll zeigen, wie eklatant wenig superreiche Unternehmer in den USA – ganz legal – an den Fiskus abgeben. Darunter sind bekannte Namen wie Jeff Bezos, Elon Musk und Warren Buffett. Nun wird ermittelt, wie die Daten an die Öffentlichkeit kamen.

Das Leak bringt die Finanzen der 25 reichsten US-Amerikanerinnen und -Amerikaner ans Licht der Öffentlichkeit, mit überraschenden Erkenntnissen. ProPublica gab an, die Recherche basiere auf anonym zugespielten Daten der US-Steuerbehörde IRS zu den Einkommensteuererklärungen und Steuerabgaben. Die Informationen sollen zeigen, wie geringe Beiträge viele extrem Wohlhabende in den USA gemessen an ihren immens großen Vermögen an den Fiskus zahlen müssen und wie sehr sie von legalen Steuerschlupflöchern profitieren können.

ProPublica stellte unter anderem die Bundeseinkommensteuern der 25 Reichsten für die Jahre 2014 bis 2018 ihren Vermögenszuwächsen gemäß der „Forbes“-Milliardärsliste gegenüber und kam zu dem Schluss, dass sich de facto lediglich eine Abgabenquote von im Schnitt 3,4 Prozent ergeben habe. Weitere Details: Amazon-Chef Bezos – laut „Forbes“ der reichste Mensch der Welt – habe 2007 und 2011 überhaupt keine US-Einkommensteuern gezahlt. Das sei in anderen Jahren auch Tesla-Chef Musk und anderen Multimilliardären gelungen.

Buffett: Spenden ist nützlicher

Bemerkenswert ist etwa auch, dass Börsenguru Buffett, der sich immer wieder öffentlich für höhere Steuern für Spitzenverdiener ausspricht, laut der Plattform von 2014 bis 2018 die geringsten Steuern von den 25 Superreichen zahlte. Der 90-jährige Chef der Beteiligungsholding Berkshire Hathaway habe sein Vermögen in diesem Zeitraum um 24,3 Milliarden Dollar erhöht, aber nur ein Einkommen von 125 Millionen Dollar beim Fiskus angegeben und letztlich 23,7 Millionen an Steuern gezahlt. Damit ergebe sich eine „wahre Steuerquote“ von nur 0,1 Prozent.

Investor Warren Buffett
AP/Star Max/Dennis Van Tine
Investor Warren Buffett

Buffett reagierte mit einer ausführlichen Erklärung auf die Leaks und sagte, dass er vorhabe, quasi sein gesamtes Vermögen für wohltätige Zwecke zu stiften. Er glaube, dass sein Geld so nützlicher für die Gesellschaft sei. Buffett bekräftigte aber auch seine Unterstützung für ein faireres Steuersystem zum Abbau von Vermögensungleichheiten in der Bevölkerung. Bezos war laut ProPublica nicht bereit, Stellung zu beziehen. Musk habe auf eine Anfrage lediglich mit "?" geantwortet und dann nicht mehr reagiert.

„Zerstört grundlegenden Mythos“

Auch der Milliardär und frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der Investor Carl Icahn und der Philanthrop und Investor George Soros gehörten zu jenen, die im großen Stil Steuervermeidungsstrategien angewandt hätten. Die Recherche zerstöre den „grundlegenden Mythos des amerikanischen Steuersystems: dass jeder seinen gerechten Anteil beiträgt und die reichsten Amerikaner das meiste zahlen“, heißt es in dem Bericht.

US-Superreiche zahlen kaum Steuern

Einem Medienbericht zufolge haben viele reiche Prominente in den USA in den vergangenen Jahren keine bis kaum Einkommensteuer bezahlt. Die dabei angewendeten Strategien sollen nicht illegal gewesen sein.

Die Steuerbehörde will nun ermitteln, wie die Daten an die Öffentlichkeit geraten konnten. „Ich kann bestätigen, dass es eine Untersuchung gibt“, sagte IRS-Chef Charles Rettig am Dienstag (Ortszeit) bei einer Senatsanhörung in Washington. Die unautorisierte Weitergabe vertraulicher Regierungsinformationen sei illegal, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums. Die Angelegenheit sei sowohl an den Generalinspekteur des Finanzministeriums als auch an das FBI und den Bundesanwalt in Washington weitergeleitet worden.

Ruf nach Reichensteuer

Die Enthüllungen schlagen in den USA schon hohe Wellen. Die Senatorin Elizabeth Warren von den Demokraten schrieb auf Twitter: „Unser Steuersystem wurde zurechtgebastelt für Milliardäre, die ihr Vermögen nicht durch Einkommen erzielen, wie es arbeitende Familien tun.“ Die USA brauchten eine Reichensteuer, „damit die Ultrareichen endlich ihren gerechten Anteil zahlen“, fügte sie hinzu. Warren kämpft seit Langem für eine höhere Besteuerung Superreicher, bei der auch Vermögenswerte wie Aktien und Immobilien berücksichtigt werden sollen.

US-Präsident Joe Biden kündigte bereits an, Reiche stärker zur Kasse zu bitten, unter anderem, um Investitionen in Soziales und Infrastruktur zu finanzieren. So soll der Spitzensteuersatz von 37 auf 39,6 Prozent steigen. Damit würden einige Entlastungen aus der Steuerreform seines Vorgängers Donald Trump rückgängig gemacht.

Ein Truck mit einem Bildschirm auf der Seite, der ein Bild von Amazon-Gründer Jeff Bezos und den Text „Tax me if you can!“ zeigt, fährt in Washington an einem Haus von Bezos  vorbei
Reuters/Jonathan Ernst
Protest vor Bezos’ Haus im Mai: Die Forderung nach angemessener Besteuerung ist nicht neu

Die Recherche zeigt letztlich den Effekt einer lange bekannten und umstrittenen Eigenschaft des Steuersystems auf. So ergibt sich der Reichtum von Milliardären wie Bezos und Co. anders als bei den meisten Bürgerinnen und Bürgern weniger aus ihren Einkommen, sondern vielmehr aus den Wertsteigerungen von Vermögen wie Aktien. Die werden aber – außer ihre Dividenden – erst bei einem Verkauf besteuert. Zudem kann die Steuerlast etwa durch Kredite und Investmentverluste verringert werden.