Nationalen Biodiversitätsfonds wirksam ausgestalten

Die Einrichtung eines nationalen Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der neuen Biodiversitätsstrategie findet sich im Regierungsprogramm 2020–2024. Jetzt hat der Österreichische Biodiversitätsrat, dem 21 renommierte Umweltforscher_innen aus den Bereichen Biodiversität, Landschaftsgestaltung und Naturschutz angehören, der ressortzuständigen Bundesministerin eine Stellungnahme übermittelt, wie dieser Fonds sinnvollerweise gestaltet werden soll. Die Aufstockung der Budgetmittel für den Fonds im Frühjahr 2021 wird von den Expert_innen ausdrücklich begrüßt, verstärkt aber zugleich die Erwartungshaltung an dessen wirksame Tätigkeit.

Wien 06.07.2021

Eine fundamentale Wende in der Beziehung zwischen Mensch und Natur ist laut Österreichischem Biodiversitätsrat notwendig, um Ökosysteme und Artenvielfalt in unserem Land zu sichern. Daher hat der Biodiversitätsrat in seinen Kernforderungen zum Schutz der Biodiversität in Österreich schon im Dezember 2019 die Einrichtung eines mit einer Milliarde Euro ausgestatteten nationalen Biodiversitätsfonds gefordert, der zur Finanzierung konkreter Biodiversitätsschutzmaßnahmen sowie der Biodiversitätsforschung dienen soll.
Die Einrichtung eines nationalen Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der neuen Biodiversitätsstrategie findet sich in Folge auch im Regierungsprogramm 2020–2024 der aktuellen Bundesregierung. Er wurde im Jahr 2020 durch das Klimaschutzministerium eingerichtet.

Mehr Budget für Biodiversitätsfonds wichtiger erster Schritt  

Die ursprüngliche finanzielle Ausstattung des Fonds mit fünf Millionen Euro wurde erfreulicherweise im Frühling 2021 um 50 Millionen Euro erhöht. Mit Ende Juni wurden die erste Ausschreibung des nationalen Biodiversitätsfonds über fünf Millionen Euro geschlossen, und dafür 210 Projekte eingereicht.

Der Österreichische Biodiversitätsrat begrüßt ausdrücklich die Einrichtung und die im Jahr 2021 erfolgte Erhöhung der finanziellen Ausstattung des nationalen Biodiversitätsfonds als sehr wichtige Schritte zur Bekämpfung der Biodiversitätskrise.

„Wir bewerten diese auch als wichtige Signale an die Biodiversitätsschutz- und Biodiversitätsforschungs-Community in Österreich, sich aktiv an Biodiversitätsmaßnahmen und deren Entwicklung zu beteiligen und existierende Expertise auf Grundlage konkreter Projekte einfließen zu lassen. Wesentlich ist dabei, dass der nationale Biodiversitätsfonds inhaltlich gestärkt und finanziell ausgebaut wird, und dass es eine enge Einbindung der vorhandenen wissenschaftlichen Expertise gibt“, sagt Assoz.-Prof. Dr. Franz Essl vom Leitungsteam des Biodiversitätsrats.

Weiterentwicklung des Biodiversitätsfonds

Der Österreichische Biodiversitätsrat hat im Juli 2020 seine Perspektive zur Stärkung und zur Ausrichtung des nationalen Biodiversitätsfonds an Frau Bundesministerin Gewessler übermittelt. Dieses Perspektivenpapier skizziert die mögliche Entwicklung des Biodiversitätsfonds zu einem langfristigen Instrument zur Unterstützung eines transformativen Wandels zu einer nachhaltigen Gesellschaft.

Allerdings braucht es weitere ambitionierte Schritte zur Weiterentwicklung des Biodiversitätsfonds. Der Österreichische Biodiversitätsrat legt hiermit ergänzend essenzielle Themenfelder zur Stärkung, langfristigen Absicherung und zum weiteren Ausbau des nationalen Biodiversitätsfonds vor:

  • Schaffung einer administrativ-rechtlichen Struktur, die den nationalen Biodiversitätsfonds einen unabhängigen und langfristig abgesicherten Rahmen gibt. Eine solche Struktur könnte sich beispielsweise an der Struktur des Österreichischen Klima- und Energiefonds (https://www.klimafonds.gv.at/) orientieren.
  • Entwicklung eines Strategieplans zur Prioritätensetzung im nationalen Biodiversitätsfonds in enger Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern und der Biodiversitätsschutz- und Biodiversitätsforschungs-Community in Österreich. Dabei ist ein umfassender Ansatz, der den Schutz und die Erforschung der Biodiversität als thematisch breites, mit zahlreichen gesellschaftlichen Akteuren interagierendes Thema, versteht, zugrunde zu legen.
  • Gewährleistung einer evidenzbasierten, transparenten und qualitätsorientierten Entscheidungsfindung bei der Vergabe von Projektmitteln (z.B. Peer Review Verfahren, transparente Kommunikation von Vergabekriterien).
  • Etablierung eines wissenschaftlichen Beirats zur Unterstützung eines evidenzbasierten Entscheidungsprozesses und zur Stärkung der Legitimation und Innovationskraft des Biodiversitätsfonds.
  • Entwicklung eines verbindlichen Plans zum Ausbau des nationalen Biodiversitätsfonds zu einem finanzstarken Finanzierungs- und Umsetzungsinstrument für Biodiversitätsschutz und -forschung, der in der Lage ist, mittelfristig den besorgniserregenden Biodiversitätstrend umzukehren. Als Zielgröße ist mittelfristig die Biodiversitätsmilliarde anzustreben.

Bitte um persönlichen Austausch mit BM Gewessler

In seinem aktuellen Schreiben an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ersucht der Österreichische Biodiversitätsrat mit Nachdruck darum, den nationalen Biodiversitätsfonds zu einem schlagkräftigen, der Biodiversitätskrise Einhalt gebietenden Instrument auszubauen. Der Rat bietet an, seine Expertise in einen Prozess, der die oben genannten Punkte weiterentwickeln und konkretisieren sollte, einzubringen und möchte damit zur dringend nötigen fundamentalen Wende in der Beziehung zur Natur einen kompetenten Beitrag leisten. Es wurde dazu um einen persönlichen Gesprächstermin mit der Ministerin ersucht.

Das Leitungsteam des Österreichischen Biodiversitätsrats. (c) Skokanitsch

UnterzeichnerInnen:

Leitungsteam des Österreichischen Biodiversitätsrates:

vlnr. 1.Reihe (unten): Prof.in Dr.in Alice Vadrot (Universität Wien), Prof. Dr. Andreas Tribsch (Universität Salzburg), Prof. Dr. Thomas Wrbka (Universität Wien), Prof. Dr. Christian Sturmbauer (Universität Graz), 2. Reihe (oben) Prof. Dr. Franz Essl (Universität Wien), Prof.in Dr.in Irmgard Greilhuber (Universität Wien)

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