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"Munich Transition for Tomorrow_ Summit": Wie gelingt die Jahrhundertaufgabe Klimaneutralität? Experten diskutieren auf Konferenz

Wie gelingt die Jahrhundertaufgabe Klimaneutralität? Experten diskutieren auf Konferenz
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Das ist die zentrale Frage mit der sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ausgiebig auf dem "Munich Transition for Tomorrow_ Summit" beschäftigt haben. Hier bekommen Sie einen kleinen Einblick in die wichtigsten Erkenntnisse des Tages.  

Das ist eine der zentralen Fragen, die unsere Gesellschaft seit geraumer Zeit beschäftigt und durch neue wissenschaftliche Kenntnisse zum Fortschreiten des Klimawandels immer drängender wird. Vor allem die Politik muss nun gesetzliche Rahmenbedingungen für mehr Klimaschutz schaffen. Aber auch die Wirtschaft ist gefragt, um das Thema Nachhaltigkeit in jeder Branche zu verankern. Was für die Klimaneutralität getan werden muss, diskutierten Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ausgiebig auf dem Munich Transition for Tomorrow_ Summit, der am Montag (25.10.) stattgefunden hat. Der Focus hat die Konferenz als Medienpartner unterstützt.  

Thema Finanzen: Staat und Wirtschaft als zentrale Finanzierer

„Die Klimaneutralität kann uns gelingen. Dazu braucht es Veränderung, innovative Ideen und Geld“, bekräftigte Dr. Sabine Mauderer (Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank). Sie erklärte, dass die nötigen Investitionen dabei nicht nur von öffentlicher Seite kommen können, sondern dass auch Unternehmen hohe Summen aufwenden müssen, um die nachhaltige Transformation zu unterstützen. Hans Joachim Reinke (Vorstandsvorsitzender Union Investment) vertrat die Kapitalgeber-Perspektive auf der Konferenz: „Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass ihnen die Frage gestellt wird: Wie verwendest du das Geld, um eine nachhaltige Transformation voranzutreiben?“ Unternehmen, die sich erst am Anfang ihrer Nachhaltigkeitsreise befinden, werden dabei nicht kategorisch ausgeschlossen: „Der Hebel ist viel größer, wenn wir den Kreis erweitern und in Unternehmen investieren, die schon grün sind, aber auch in solche, die glaubhaft auf dem Weg sind, grün zu werden.“

Thema Verkehrswende: Investitionen in die Antriebe der Zukunft

Zur Arbeitsmarktsituation findet Christian Hochfeld (Executive Director Agora Verkehrswende) klare Worte: „Durch die nachhaltige Transformation werden viele Arbeitsplätze in der Automobilbranche verloren gehen.“ Die Frage sei nicht, wie diese Transformation aufgehalten werden könne, sondern wie möglichst viele neue Arbeitsplätze im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung geschaffen werden können. Laut Dr. Stefan Wolf (Gesamtmetall-Präsident und Vorsitzender des Vorstands ElringKlinger) müssten Automobilhersteller noch ein paar Jahre Geld mit Verbrenner-Autos verdienen, um anschließend neue Investitionen tätigen zu können. Gleichzeitig spiele auch die Förderung von E-Mobilität eine große Rolle.

Thema Politik: Klimaschutz als Innovationsmotor für die Wirtschaft

Auch im Themenbereich Politik wurde über die Finanzierung der Transformation gesprochen. Sabine Nallinger (Vorständin der Stiftung 2° Deutsche Unternehmer für Klimaschutz) sieht die Investitionskosten als ein Mittel, um die Wirtschaft anzukurbeln. „Diese Kosten sind nichts Negatives, sondern können als der Innovationsmotor für die deutsche Wirtschaft und Industrie gesehen werden.“ Zudem sei Nichtstun auch keine Alternative, da dies noch viel teurer wäre als die Transformation, betonte Dr. Friederike Köhler-Geib (Chefvolkswirtin der KfW). Für Prof. Dr. Kai Niebert (Präsident des Deutschen Naturschutzrings) muss Klimaschutz ein Gemeinschaftsprojekt werden. Die richtigen Voraussetzungen hierfür sieht er in einer potenziellen Ampel-Regierung: „Ich glaube, dass eine breit aufgestellte Regierung unter einer Ampel-Koalition, die nicht einem politischen Lager zugeordnet ist, sondern gesellschaftlich breit getragen wird, genau der richtige Weg dafür ist.“ Jan Fleischhauer (Mitglied der Chefredaktion Focus) betonte aber auch: „Politik ist nicht eine Kultur des Miteinanders, sondern es geht um Interessensgegensätze. Und wenn die Zahl der Verlierer größer ist, als die der Gewinner, gibt es Unruhen in einer Demokratie.“ Von der nächsten Regierung wünscht sich Dr. Werner Schnappauf (Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung) schnellere Genehmigungsverfahren und eine klare Steuerung vom Kanzleramt beim Thema Klimaschutz. „Die Minister dürfen Vorhaben nicht blockieren, sondern es muss an einem Strang gezogen werden.“

Thema Lebensmittel: Nachhaltige Landnutzung in Einklang mit sozialer Gerechtigkeit

„40% aller produzierten Kalorien erreichen niemals den Menschen“, erklärte Eberhard Brandes (Geschäftsführender Vorstand WWF Deutschland) und plädierte aus diesem Grund für eine Transformation der Lebensmittelbranche entlang der gesamten Wertschöpfungskette. „Die große Frage ist auch, wie wir die Transformation als sozial faire Frage zusammen mit den Landwirten regeln können“, fügte Benedikt Bösel (Geschäftsführer Gut & Bösel, Schlossgut Alt Madlitz) hinzu. „Es fließen Milliarden an Kapital und Intelligenz in die Entwicklung von Fleischersatzprodukten, dabei brauchen wir diese Energie und das Kapital für den Boden und die Landnutzung. Denn diese sind die Lösungen für die Probleme unserer Zeit und nicht Fleischersatzprodukte oder ein 3D Burger.“ Markus Mosa (Vorstandsvorsitzender Edeka) und Peter Wesjohann (Vorsitzender des Vorstands Lohmann & Co.) sprachen sich beide dafür aus, die Herkunft von Produkten besser zu kennzeichnen. „Zusätzlich ist auch klar, dass wir sowohl bio als auch konventionell benötigen. Wenn wir alles auf Bio umstellen wollten, würde die Fläche dafür gar nicht ausreichen. Deswegen müssen wir auch darüber nachdenken, wie wir konventionelle Lebensmittel nachhaltiger gestalten können“, argumentierte Herr Mosa.

Thema Mode: Faire und nachhaltige Produktionsbedingungen weltweit

Bei der Diskussion um eine nachhaltige Modeindustrie stand unter anderem die Auslagerung und die Produktionsbedingungen in Niedriglohnländer im Vordergrund. Um Mindeststandards zu etablieren, erwartet Gerd Müller (Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) die Einführung eines europäischen Lieferkettengesetzes von der neuen Regierung. „Wir können und dürfen Standards nicht unterlaufen, indem wir Produktionen in Länder verlagern, wo Menschen auf fürchterliche Weise ausgebeutet werden. Wir haben hier saubere Luft und saubere Gewässer, weil wir die dreckige Arbeit auslagern.“ Auch John Cloppenburg (Mitglied der Unternehmensleitung Peek & Cloppenburg) kritisierte die Flut günstiger und nicht-nachhaltig produzierter Produkte aus dem Ausland: „Diese Produkte stellen eine signifikante Konkurrenz für uns dar. Wir wollen keine bevorzugte Behandlung, aber das ist kein level playing field. Aus diesem Grund brauchen wir vernünftige Rahmenbedingungen, an die sich alle Wettbewerber im Markt halten.“ Auf die Frage, ob die Konsumenten oder die Hersteller die Schnelllebigkeit in der Textilbranche hervorriefen, antwortete Heiko Schäfer (Chief Operating Officer Hugo Boss), dass die globale Textilindustrie auf die Nachfrage reagierte, aber dadurch den Trend zur Schnelllebigkeit auch befeuerte. Doch er betonte auch: „Hugo Boss ist keine Fast-Fashion-Marke, die Qualität steht bei uns im Mittelpunkt.“

Thema Verpackungen: Kreislauffähigkeit von Materialien von Anfang an mitdenken

Beim Thema Recycling von Verpackungen sieht Reinhard Schneider (Geschäftsführender Gesellschafter Werner & Mertz) vorrangig den Bedarf, die Auslastung zu erhöhen. „Das Recycling ist nicht deswegen teurer, weil dort mehr Energie verbraucht wird, sondern weil diese relativ aufwendigen und komplizierten Sortiermaschinen noch eine schlechte Auslastung haben. Jede neue Technologie hat erstmal höhere Stückkosten als die etablierten Technologien“. Nora Sophie Griefahn (Geschäftsführende Vorständin und Mitgründerin Cradle to Cradle NGO) ist der Meinung, dass man nicht nur über Recycling, sondern auch über die richtigen Ausgangsmaterialien reden müsse, um Kreislauffähigkeit zu ermöglichen. „Wir müssen am Anfang ganz klar definieren, was in unsere Materialien reinkommt und wo die Materialströme am Ende hingehen.“ Jens Stadter (Vorsitzender der Geschäftsführung Jokey SE) sieht die Verantwortung aber auch beim Konsumenten: „Hier ist nicht nur politisches und unternehmerisches Engagement gefragt. Auch der Konsument muss wissen, wie richtige Entsorgung funktioniert - zum Beispiel, dass der Aluminiumdeckel vom Joghurtbecher abgetrennt werden muss“.  

Nach einem Tag voller spannender Diskussionen zieht die Konferenz-Leiterin Sweelin Heuss ein Resümee: „Ich habe den Eindruck, dass die Wirtschaft eher die Politik treibt als umgekehrt. Die Ampel-Koalition kann noch viel lernen von den Akteuren, die wir heute auf der Bühne gesehen haben.“

Sehen Sie hier weitere Videos zur Konferenz:

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