Bun­des­rat bil­ligt 31 Ge­set­ze aus dem Bun­des­tag

Chan­cen-Auf­ent­halts­recht, Jah­res­steu­er­ge­setz, Kita-Qua­li­täts­ge­setz und Preis­brem­sen für En­er­gie: Der Bun­des­rat hat am Frei­tag in sei­ner letz­ten Sit­zung des Jah­res 2022 zahl­rei­che Ge­set­ze ge­bil­ligt. Teil­wei­se waren die Neu­re­ge­lun­gen erst we­ni­ge Stun­den zuvor vom Bun­des­tag ver­ab­schie­det wor­den. Grü­nes Licht gab es auch für den vor­zei­ti­gen Koh­le­aus­stieg im Rhei­ni­schen Re­vier und das Kran­ken­haus­pfle­ge­ent­las­tungs­ge­setz.

Grü­nes Licht für Re­form des Auf­ent­halts­rechts

Der Bun­des­rat hat mit dem Chan­cen-Auf­ent­halts­recht eine tief­grei­fen­de Re­form des Auf­ent­halts­rechts ge­bil­ligt. Gut in­te­grier­te Aus­län­der, die schon jah­re­lang ohne ge­si­cher­ten Sta­tus in Deutsch­land leben, be­kom­men eine Per­spek­ti­ve. Wer zum Stich­tag 31.10.2022 fünf Jahre im Land ge­lebt hat und nicht straf­fäl­lig ge­wor­den ist, soll 18 Mo­na­te Zeit be­kom­men, um die Vor­aus­set­zun­gen für einen lang­fris­ti­gen Auf­ent­halt zu er­fül­len. Dazu ge­hö­ren etwa Deutsch­kennt­nis­se und die Si­che­rung des ei­ge­nen Le­bens­un­ter­halts. Das Ge­setz war nicht zu­stim­mungs­pflich­tig. Der Bun­des­rat ver­zich­te­te dar­auf, dazu den Ver­mitt­lungs­aus­schuss an­zu­ru­fen, so dass das Ge­setz nun in Kraft tre­ten kann. Saar­lands Mi­nis­ter­prä­si­den­tin Anke Reh­lin­ger (SPD) be­ton­te, dass das Ge­setz nur ein ers­ter Bau­stein einer mo­der­nen Ein­wan­de­rungs­po­li­tik sein könne. "Wir brau­chen mehr le­ga­le und ge­re­gel­te Zu­wan­de­rungs­mög­lich­kei­ten, an­sons­ten wird unser Wirt­schafts­stand­ort mas­siv lei­den."

Bay­ern schei­tert im Bun­des­rat mit An­trag zu Erb­schaft­steu­er

Der Bun­des­rat hat am Frei­tag dem Jah­res­steu­er­ge­setz mit um­fas­sen­den steu­er­li­chen Än­de­run­gen zu­ge­stimmt – Bay­ern schei­ter­te mit einem An­trag, den Ver­mitt­lungs­aus­schuss von Bun­des­tag und Bun­des­rat an­zu­ru­fen. Das Land for­dert, dass die Frei­be­trä­ge bei der Erb­schafts­steu­er an­ge­passt wer­den. Hin­ter­grund ist eine An­pas­sung bei der Wert­ermitt­lung von Im­mo­bi­li­en. Des­we­gen könn­ten auf Erben grö­ße­rer Ver­mö­gens­wer­te ab dem 01.01.2023 hö­he­re Kos­ten zu­kom­men. Bay­erns Fi­nanz­mi­nis­ter Al­bert Für­a­cker (CSU) sagte, die Än­de­run­gen seien wegen eines Ur­teils des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts not­wen­dig. Es han­de­le sich aber um eine "Steu­er­erhö­hung durch die Hin­ter­tür". Für­a­cker sagte, Bay­ern werde wei­ter Druck ma­chen. Katja Hes­sel (FDP), Staats­se­kre­tä­rin im Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, ver­wies dar­auf, dass es für eine Er­hö­hung der Frei­be­trä­ge eine Mehr­heit bei den Län­dern brau­che. Vor kur­zem hat­ten sich Ver­tre­ter der Ampel-Frak­tio­nen dar­auf ge­ei­nigt, dass die Ko­ali­ti­on eine An­pas­sung der Frei­be­trä­ge mit­tra­gen würde. Fi­nanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lind­ner (FDP) hält eine An­he­bung um 25% für an­ge­bracht, sah al­ler­dings den Bun­des­rat am Zug. Das Jah­res­steu­er­ge­setz sieht da­ne­ben zahl­rei­che wei­te­re Än­de­run­gen vor. So gibt es etwa Er­leich­te­run­gen für So­lar­an­la­gen, für Ar­beit­neh­mer und im Woh­nungs­bau. Mi­ne­ral­öl­kon­zer­ne sol­len be­fris­tet einen "En­er­gie­kri­sen­bei­trag" leis­ten.

Län­der be­kom­men 3,9 Mil­li­ar­den Euro für Kitas

Der Bund will die Bun­des­län­der in den kom­men­den zwei Jah­ren mit knapp 3,9 Mil­li­ar­den Euro bei der Fi­nan­zie­rung ihrer Kitas un­ter­stüt­zen. Der Bun­des­rat stimm­te dafür am Frei­tag dem so­ge­nann­ten Kita-Qua­li­täts­ge­setz der Ampel-Ko­ali­ti­on zu. Es schlie­ßt an das so­ge­nann­te Gute-Kita-Ge­setz der Vor­gän­ger­re­gie­rung an, über das der Bund eben­falls Geld zur Ver­fü­gung ge­stellt hatte. Ei­gent­lich sind die Kitas Län­der­sa­che. Die Mit­tel sind für In­ves­ti­tio­nen in die Qua­li­tät der Kitas ge­dacht, etwa zur För­de­rung von früh­kind­li­cher Bil­dung, guter Er­näh­rung oder sprach­li­cher Ent­wick­lung, in be­grenz­tem Rah­men auch zur Sen­kung von Kita-Ge­büh­ren. Um den Län­dern ent­ge­gen­zu­kom­men, hatte die Ampel zu­letzt noch Än­de­run­gen vor­ge­nom­men. So wird der Bund das För­der­pro­gramm "Sprach-Kitas", an­ders als zu­nächst ge­plant, noch bis zum Som­mer 2023 wei­ter­fi­nan­zie­ren. Da­nach sol­len die Län­der nach dem Wil­len der Re­gie­rung über­neh­men. Ur­sprüng­lich soll­te die Bun­des­för­de­rung be­reits zum Jah­res­en­de aus­lau­fen – das hatte viele Län­der ver­är­gert.

Bun­des­rat gibt grü­nes Licht für schnel­le­ren Koh­le­aus­stieg im Rhei­ni­schen Re­vier

Der Koh­le­aus­stieg im Rhei­ni­schen Re­vier wird um acht Jahre vor­ge­zo­gen – nach dem Bun­des­tag hat am Frei­tag auch der Bun­des­rat ein ent­spre­chen­des Ge­setz ge­bil­ligt. Dem­nach gehen die drei Braun­koh­le­kraft­wer­ke Neurath F und G sowie Nie­der­au­ßem K be­reits im Jahr 2030 vom Netz und nicht erst – wie bis­her fest­ge­schrie­ben – im Jahr 2038. Dies sieht eine ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung zwi­schen Bun­des­re­gie­rung, nord­rhein-west­fä­li­scher Lan­des­re­gie­rung und dem En­er­gie­kon­zern RWE vor. Zu der Ver­ein­ba­rung ge­hört auch, dass die Kraft­werks­blö­cke Neurath D und E, die ei­gent­lich zum Jah­res­en­de ab­ge­schal­tet wer­den soll­ten, wegen der En­er­gie­preis­kri­se min­des­tens bis Ende März 2024 in Be­trieb blei­ben.

Re­form des Tier­arz­nei­mit­tel­ge­set­zes ge­bil­ligt

Der Bun­des­rat hat am Frei­tag au­ßer­dem dem Ge­setz­ent­wurf zur Än­de­rung des Tier­arz­nei­mit­tel­ge­set­zes zu­ge­stimmt, das zuvor vom Bun­des­tag ver­ab­schie­det wor­den war. Ziel der Än­de­rung ist es, den wirk­stoff- und an­wen­dungs­be­zo­ge­nen Ein­satz von An­ti­bio­ti­ka in land­wirt­schaft­li­chen Be­trie­ben bes­ser zu er­fas­sen und dau­er­haft um 50% zu sen­ken. Erst­mals wird ein Re­duk­ti­ons­ziel für An­ti­bio­ti­ka ver­an­kert. Das der­zeit aus­schlie­ß­lich für den Be­reich der Tier­mast gel­ten­de Mi­ni­mie­rungs­kon­zept soll künf­tig auch Be­trie­be mit wei­te­ren Tie­ren ein­be­zie­hen: Milch­kü­he, Käl­ber, die nicht im Hal­tungs­be­trieb ge­bo­ren sind, Jung- und Le­ge­hen­nen und Sauen mit Saug­fer­keln. Die Be­hör­den vor Ort sind nach der Neu­re­ge­lung künf­tig ge­setz­lich ver­pflich­tet, An­ord­nun­gen und Maß­nah­men zu tref­fen, wenn dies zur Ver­rin­ge­rung des An­ti­bio­ti­ka­ein­sat­zes in einem tier­hal­ten­den Be­trieb er­for­der­lich ist.

Preis­brem­sen für En­er­gie

Zwei Ge­set­ze mit Preis­brem­sen für Gas, Wärme und Strom haben mit der Zu­stim­mung des Län­der­gre­mi­ums die letz­te Hürde ge­nom­men. Ent­las­tet wer­den sol­len neben Haus­halts­kun­din­nen und Haus­halts­kun­den sowie klei­nen, mitt­le­ren Un­ter­neh­men auch grö­ße­re Ver­brau­cher, die nicht von den De­zem­ber-So­fort­hil­fen pro­fi­tiert haben. Die Aus­zah­lung der Ent­las­tungs­be­trä­ge soll spä­tes­tens im März 2023 er­fol­gen – rück­wir­kend auch für Ja­nu­ar und Fe­bru­ar. Stu­die­ren­de, Fach­schü­le­rin­nen und Fach­schü­ler er­hal­ten im neuen Jahr eine Ein­mal­zah­lung für die ge­stie­ge­nen En­er­gie­kos­ten in Höhe von 200 Euro. Dies sieht das Stu­die­ren­den-En­er­gie­preis­pau­scha­len­ge­setz vor, das am Frei­tag eben­falls vom Bun­des­rat ge­bil­ligt wurde.

Haus­halts­ge­setz 2023 be­stä­tigt

Grü­nes Licht gab es vom Bun­des­rat au­ßer­dem für das Haus­halts­ge­setz 2023: Der ge­plan­te Bun­des­haus­halt für das nächs­te Jahr um­fasst da­nach über 476 Mil­li­ar­den Euro Aus­ga­ben – mehr als 45 Mil­li­ar­den Euro Neu­ver­schul­dung und mehr als 71 Mil­li­ar­den Euro an In­ves­ti­tio­nen.

Län­der stim­men Han­dels­ab­kom­men CETA zu

Der Bun­des­rat stimm­te am Frei­tag dem Ge­setz zum Han­dels­ab­kom­men zwi­schen EU und Ka­na­da (CETA) zu. Mit ihm soll der Aus­bau der Wirt­schafts- und Han­dels­be­zie­hun­gen zwi­schen der EU und ihren Mit­glied­staa­ten ei­ner­seits sowie Ka­na­da an­de­rer­seits vor­an­ge­trie­ben wer­den. Teile des Ab­kom­mens, die sich auf die die al­lei­ni­ge Zu­stän­dig­keit der EU be­zie­hen, sind be­reits seit Sep­tem­ber 2017 in Kraft. Seine voll­stän­di­ge Wir­kung ent­fal­tet das Ab­kom­men, wenn es alle EU- Mit­glied­staa­ten ra­ti­fi­ziert haben.

Sank­ti­ons­durch­set­zungs­ge­setz II

Mit dem Sank­ti­ons­durch­set­zungs­ge­setz II bil­lig­te der Bun­des­rat am Frei­tag wei­te­re Maß­nah­men zur Be­kämp­fung von Fi­nanz­kri­mi­na­li­tät und Geld­wä­sche. Vor­ge­se­hen ist die Ein­rich­tung einer Zen­tral­stel­le für Sank­ti­ons­durch­set­zung und das Ver­bot von Bar­geld­zah­lun­gen bei Im­mo­bi­li­en­trans­ak­tio­nen.

Mehr Per­so­nal für Kran­ken­häu­ser

Das Kran­ken­haus­pfle­ge­ent­las­tungs­ge­setz soll Kran­ken­häu­ser ver­pflich­ten, aus­rei­chend Pfle­ge­kräf­te ein­zu­stel­len. Der Bun­des­rat stimm­te der Neu­re­ge­lung am Frei­tag zu. Das Ge­setz er­mög­licht in ge­eig­ne­ten Fäl­len eine Kran­ken­haus­ta­ges­be­hand­lung, bei der Pa­ti­en­tin­nen und Pa­ti­en­ten statt in der Kli­nik zu Hause über­nach­ten. Die Neu­re­ge­lung ent­hält auch Be­stim­mun­gen zur fi­nan­zi­el­len Stär­kung der Päd­ia­trie und der Ge­burts­hil­fe. Zudem soll der Per­so­nal­auf­wand für Heb­am­men im Kran­ken­haus ab 2025 voll­stän­dig im Pfle­ge­bud­get be­rück­sich­tigt wer­den.

Wahl ab 16 bei Eu­ro­pa­wahl

Der Bun­des­rat bil­lig­te in sei­ner Sit­zung am Frei­tag zudem die Än­de­rung des Eu­ro­pa­wahl­ge­set­zes. Mit des­sen Um­set­zung sind be­reits bei der nächs­ten Eu­ro­pa­wahl im Jahr 2024 16- und 17-Jäh­ri­ge wahl­be­rech­tigt.

Än­de­run­gen im Re­gio­na­li­sie­rungs­ge­setz

Nach dem Bun­des­tag hat auch der Bun­des­rat Än­de­run­gen im Re­gio­na­li­sie­rungs­ge­setz zu­ge­stimmt. Um­ge­setzt wird damit eine Ver­ein­ba­rung der Mi­nis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz mit Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) von An­fang No­vem­ber: Der Bund zahlt den Län­dern im Jahr 2022 eine Mil­li­ar­de Euro mehr für die Fi­nan­zie­rung des Re­gio­nal­ver­kehrs als ur­sprüng­lich ge­plant; ab dem nächs­ten Jahr soll die Dy­na­mi­sie­rungs­ra­te um 3 statt 1,8% stei­gen.

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2022 (ergänzt durch Material der dpa).

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